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Das griechische „empatheia“ für „Einfühlung“ ist der Ursprung des Begriffs. Er kommt von „pathein“ (fühlen, leiden) und der Vorsilbe „em“ für „mit“, hat allerdings bereits mehrere Bedeutungswechsel durchgemacht. Erst die englischsprachige Fachliteratur des vorigen Jahrhunderts brachte uns die Bezeichnung „empathy“: als Übersetzung des deutschen Wortes Einfühlung.
Psychologen wie Neurowissenschaftler kennen keine einheitliche Begriffsbestimmung, es herrscht jedoch weitestgehend Einigkeit über folgendes Bedeutungsverständnis: Empathie ist eine Bereitschaft und Fähigkeit, das Erleben und bewusst gewordene Emotionen von anderen wahrzunehmen, zu erkennen und darauf zu reagieren.
Die einfache Definition: Empathisch bist du, wenn du fähig bist, dich in die Gefühle eines anderen hineinzuversetzen. Fühlst du seine Emotionen gleich mit, handelt es sich um emotionale oder gar affektive Empathie. Bei letzterer kannst du gar nicht anders.
Vollziehst du Gefühle bewusst nach, erkennst und verstehst sie ohne dich anstecken zu lassen, bist du kognitiv empathisch. Selbst Soziopathen beherrschen oft die kognitive Empathie und nutzen sie bisweilen zur Manipulation. Sie ist grösstenteils erlernbar, beispielsweise durch Meditation.
Soziale Empathie ist, wenn du mithilfe deines Einfühlungsvermögens anderen und letztlich deiner Beziehung zu ihnen Nutzen bringen kannst. Sie ist Teil der sozialen Intelligenz. Soziale Empathen stellen sich auf andere ein – und nehmen sie mit.
Alle Formen kommen nebeneinander vor, gehen ineinander über und gehören zusammen. Jeder Mensch besitzt sie, doch sind sie unterschiedlich stark ausgeprägt.
Empathiefähigkeit ist die gefühlsmässige Brücke zwischen Menschen. Sie ist im Alltag Voraussetzung dafür, Rücksicht zu nehmen, andere Sichtweisen und Meinungen zu verstehen. Ohne sie wäre jeder ein reiner Egozentriker und nur darauf bedacht, für sein eigenes Wohl zu sorgen. Das distanzierte Interesse an Mitmenschen bliebe darauf reduziert, Eigennutzen zu gewinnen. Ohne Empathie keine Motivation für soziales Miteinander, Kommunikation, Zusammenarbeit, Hilfsbereitschaft oder Moral, ja: keine Liebe. Doch Vorsicht: Auch das Erkennen, Bewerten und Lernen der eigenen Gefühlswelt ist eine unerlässliche Teilkompetenz von Empathie.
Nicht empathisch ist zum Beispiel, einem offensichtlich traurigen, besorgten oder verletzten Gegenüber seine eigene Sicht der Dinge mitzuteilen, ungefragt Ratschläge zu geben, ihn vermeintlich aufzubauen mit „Kopf hoch, wird schon wieder!“ oder komplett darüber hinwegzugehen. Das Gleiche gilt übrigens auch gegenüber Glücklichen oder übermütig Fröhlichen. Der Andere spürt in diesen Situationen nicht die gewünschte Resonanz oder Spiegelung – und wendet sich ab. Wir unterstellen allzu leicht Ähnlichkeit mit unserer eigenen Erfahrungswelt. Dagegen hilft nur interessiertes Nachfragen und Kennenlernen, ohne Wertung.
Übereinstimmung ist auch Basis für Sympathie, die spontane emotionale Zuneigung zu einem Gleichgesinnten. Sie hat primär keinen Anlass zum Perspektivwechsel.
Für Psychologen gibt es Unterschiede zwischen Empathie und Mitgefühl oder Mitleid. Das weniger stark involvierte Mitgefühl entspricht eher einer positiven und zugewandten (Für-)Sorge, dem englischen „compassion“ und setzt keine eigenen Erfahrungen voraus.
Emotionale oder affektive Empathie ist im funktionellen MRT sichtbar. Beobachtet ein Mensch, wie einem anderen Schmerzen zugefügt werden, sind auch seine schmerzassoziierten Hirnbereiche aktiv. Am Entstehen der Einfühlung sind gleich mehrere Teile des limbischen Systems beteiligt. Der sogenannte Mandelkern (Amygdala) erkennt, was Gesichtsausdrücke bedeuten und verarbeitet diese Gefühle mit. Die eigenen Gefühle wiederum vermittelt die Inselrinde. Hormone wie das Bindungshormon Oxytocin begünstigen die Fähigkeit zur Empathie offenbar ebenfalls.
Etwa bis Mitte oder Ende des zweiten Lebensjahres lernt ein Kind, sich seiner selbst bewusst zu werden, sich im Spiegel zu erkennen, die Bedeutung des Ich. Danach beginnt es, seine emotionale Aufmerksamkeit auch auf sein Umfeld zu richten, Emotionen in Gesichtern zu erkennen und zu bewerten. Die Vorphase war ein unverzichtbarer Schritt dorthin, denn erst mit dem Bewusstwerden der eigenen Gefühlswelt kann es Übereinstimmungen mit anderen entdecken. Zunächst entwickelt es eine gleichsetzende, ich-bezogene Empathie: Was für mich gilt, gilt auch für dich. Das relativierende Einfühlen beherrschen Kinder im Alter von vier Jahren. Sie sorgen sich, möchten, dass es ihren Mitmenschen gut geht und leiden bei Schmerzen mit.
Es existiert tatsächlich ein Hyperempathie-Syndrom, eine krankhaft überzogene Empathie. Vor lauter Empfangen von Gefühlssignalen, Hilfsbereitschaft und Antizipation, was der Andere jetzt braucht, verlieren Überempathen ihre eigene Persönlichkeit. Derart überbordende Einfühlsamkeit schränkt sowohl die Betroffenen ein als auch diejenigen, auf die sich die Empathie bezieht. Denn nicht selten artet das Verhalten in Überidentifikation, Selbstdefinition über den anderen und Abhängigkeit aus.
Andere Spielarten führen dazu, dass der Hyperempath sich mit Schuldgefühlen für das Unglück anderer plagt, sein Gegenüber vollkommen unkritisch verteidigt oder aber ihn überbehütet und entmündigt. Zugleich erlebt er seine Aufopferung durchaus und macht sie zum Vorwurf, sieht sie nicht gewürdigt und entwickelt psychiatrische Symptome.
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